Grenzen der Oekonomik
Franz Rieder • Wettbewerb – Entdeckung und Disruption, Die Mitte ist nicht mehr Maß (nicht lektorierter Rohentwurf) (Last Update: 20.05.2019)
Im marktwirtschaftlichen Wettbewerb ist nichts in Stein gemeißelt. Hier gibt es keine lang anhaltenden Positionen oder Stellungen, die man halten oder verteidigen könnte. Elastischer Mitgang mit den Veränderungen auf den Märkten ist die einzige Fortbewegungsart. Dies gilt für das Kapital, auch für den Faktor Arbeit. Alles und jeder steht ständig unter dem Einfluss von Veränderungen.
Im Vorgriff auf späteres sei hier nur vermerkt, dass die deutsche Gewerkschaftsbewegung, selbst in der Tradition der Industriegesellschaft verankert, gezeigt hat, dass branchenweite Lohnabschlüsse zwar einerseits den Lohnwettbewerb der Arbeit verhindern kann, andererseits aber zugleich ein einkommensbezogenes Schichtenmodell der Gesellschaft verfestigt. Nicht nur, dass innerhalb der Tarifgebiete ein dynamischer Qualifizierungswettbewerb weitestgehend ausbleibt – der dann bei Insolvenz und Arbeitslosigkeit breiterer Berufsschichten post festum eingeholt werden muss, meist mit wenig Erfolg – sondern auch die Durchlässigkeit bildungsbezogener sozialer Schichten immer wieder ins Stocken gerät.
Die Relation zwischen Bildungsabschlüssen und beruflichen Schichten oder sozialer Gruppen hat, neben anderen Faktoren, auch die Verfestigung breiter, vom Wettbewerb weitgehend entlasteter Arbeitnehmergruppen als eine Voraussetzung. Das Gegenteil von tariflicher Einkommensharmonisierung ist aber nicht der freie Lohnwettbewerb, derart, dass Arbeitnehmer gleicher Qualifikation einzeln gegeneinander um einen Arbeitsplatz und die Höhe der Vergütung konkurrieren.
Das Nash
Gleichgewicht und die daraus entspringende Haltung eines ständigen
„Lernens von den Besten“, also das Benchmarking, ist für
unsere marktwirtschaftliche Welt eine weitreichende Einsicht. Es ist
die Grundlage des Marktes, des Heimathafens des Wettbewerbs und der
Vielfalt, wie unseres Daseins in materieller, zeitlicher und vielfach
auch geistig-psychologischer wie sozialer Hinsicht.
Ohne
gleich so weit zu gehen wie etwa der Ökonom Karl Hartman, der
Ökonomie und Ethik als zwei Seiten einer Medaille sehen will,
kommt ihm aber der Verdienst zu, den Blick auf das Feld des
ökonomischen Wettbewerbs aus einer dualistischen Sehhilfe
hervorgeholt zu haben:
„In
der öffentlichen Diskussion, in der Politik und in den Medien
werden wirtschaftsethische Probleme nicht selten durch eine
dualistische Brille betrachtet. Moral und Wirtschaft, Ethik und
Ökonomik, Ökologie und Ökonomie, Solidarität und
Wettbewerb werden gegeneinander ausgespielt. […] Ausgeblendet
wird dabei aber vor allem die Möglichkeit, Ethik und Ökonomik
als zwei Seiten einer Medaille zu sehen, nicht als einander
ausschließende Alternativen, sondern als zusammengehörige
Zwillingsschwestern.“1
Homann strapazierte nicht nur die Ökonomik, sondern auch die kritschen Geistenwissenschaften mit der Aussage: „Wir müssen begreifen, dass Wettbewerb nur ein anderes Wort für Kooperation und Solidarität ist. Ohne das Instrument des Wettbewerbs bleiben das nur hohle Begriffe, die nicht funktionieren.“2
Mit seinem Kollegen Andreas Suchanek fokussierte Homann den Leistungswettbewerb als eine Art Disziplinierungsfunktion der Wettbewerber, insofern der Wettbewerb einmal zu mehr wahrer anstelle von ausgleichender Gerechtigkeit auf den Märkten führt, andererseit zu mehr kooperativem Verhalten anstelle von Konkurrenzdenken. Im Wettbewerb um die beste(n) Leistung(en) zeigt sich der Unterschied zum simplem Gegeneinander der Konkurrenz am deutlichsten. Im Leistungswettbewerb geht es um den Wettbewerb um Kooperationschancen, insofern es dabei um die Beziehung bzw. die Orientierung von Wettbewerbern um den/die Kunden geht, für die Unternehmen ja überhaupt erst in den Wettbewerb gehen.
Zum
Wettbewerb gehören also nicht nur die Unternehmen, sondern
ebenso und hauptsächlich die Kunden, also Unternehmen, die um
den Kunden werben und der Kunden schlussendlich selbst, der den
Unternehmen die Anreize, was mehr ist als nur seine Kaufkraft, und
die Vorgaben, was mehr ist als seine materiellen Bedürfnisse
liefert.
Zu dieser disziplinierenden Funktion der Kooperation,
gleichsam in sie eingebettet sind Innovation und Disruption.
Besonders traditionelle Großunternehmen steht heute, 2017, vor
einer ungeheuren Transformationsaufgabe. Einerseits müssen sie
in dieser Phase ihre gut ausgebildeten Arbeiter und Angestellte
halten, andererseits wird die Digitalisierung in weiten Bereichen des
Unternehmens zu enormen Jobverlusten führen.
So bietet
Daimler seinen Mitarbeitern und der IG Metall eine Jobgarantie bis
ins Jahr 2030 und verhält sich damit wie zu Zeiten
mittelalterlicher Pakte, bei denen den Beschäftigten die in
Deutschland besonders ausgeprägte Angst vor Veränderung
durch einen Pakt von Treue und Schutz genommen werden soll. Solche
Pakte zwischen Anführern und Untergebenen waren strukturell
ähnlich auch sehr verbreitet im Industriezeitalter in
Deutschland allenorts.
Der Patron schützt seine Untergebenen vor den Unwägbarkeiten des Lebens, vornehmlich, aber nicht nur des Berufslebens, vor Arbeitsplatzverlust und Armut wie vor Missernten, Krankheit und äußeren Feinden. Heute schützt er im Verein mit der IG Metall vor den unabsehbaren Folgen der Digitalisierung und Globalisierung, denen sich auch die Politik in unterschiedlichen Herangehensweisen verpflichtet fühlt.
Gleichzeitig bemüht sich das Unternehmen Anschluss an den technologischen Fortschritt zu halten, dessen Gesicht in der Automobilbranche Tesla ist. Und hinter dem Gesicht tauchen immer weitere Gesichter auf. Das Elektroauto hat keine mechanischen Motoren, keine Getriebe und Abgasreinigungen und allein deshalb schon werden viele der heute bekannten Tätigkeiten, die gerade über Jobgarantien scheinbar gesichert werden sollen, wegfallen. Dutzende von neuen Wettbewerbern stecken heute schon in den Hybrids und Elektroantrieben, alle aus der IT- und Internetindustrie, die immer wieder neue Ideen ausprobieren, sie verwerfen und wieder von vorn anfangen. Das meint Disruption.
Die Wucht dieses disruptiven Umbruchs, dieser weit mehr als nur technologischen Transformtion wird man mit den alten Instrumenten und Denkmustern des ausgehenden Industriezeitalters vielleicht noch abfedern können. Für die Digitalisierung, die sämtliche Berufsbilder von der Entwicklung über die Produktion bis in den Vertrieb verändern wird, reichen die alten Mechanismen aber nicht.
Die Disziplinierung zur Kooperation im Leistungswettbewerb um den Kunden kennen die traditionellen Autobauer wenig, wenn nicht gar nicht, wie der sog. Diesel- bzw. Abgasskandal sichtbar belegte. Auch auf dem Feld des kooperativen Innovationswettbewerbs glänzten die deutschen Autobauer durch Abwesenheit. Dieser Unternehmergeist fehlt Damailer so sehr, dass einer seiner größten Geschäftskunden, die Post, sich alle diese Eigenschaften selbst zu eigen gemacht hat und seine Elektrotransporter mittlerweile selbst baut.
Autohersteller wie Daimler stehen vor einem Wettbewerb, der Kundenorientierung, Innovation, Kooperation und Wagnis, was wir insgesamt mit dem Ausdruck Disruption bezeichnen möchten, stärker belohnt. Diese Start-up-Mentalität passt mit der pauschalen Jobgarantie bis 2030 von Daimler aber nicht zusammen; in mehrfacher Hinsicht. Sie suggeriert jenen, die alles so lassen wollen, wie es ist, dass sie sich eigentlich gar nicht bewegen müssen, dass sie ihre berufliche Qualifikation hinter sich haben und sich keinem Leistungswettbewerb stellen müssen.
Für alle anderen, die dies aber wollen und wenn möglich sogar in einem innerbetrieblichen Qualifizierungskontext, wird es aber schwierig, genau jene Prozesse in Gang zu setzen, die Veränderungen in eben diese Richtung möglich machen. Und die, die ihre Qualifikationen außerhalb erworben haben und auch bei jedem anderen Start-up-Unternehmen wie bei allen etablierteren New-Technology-Companyies, die bei Google genauso gut Jobs finden wie bei chinesischen Hightech Unternehmen, die brauchen zu allererst keine Jobgarantie, sondern ein modernes betriebliches Umfeld, in dem sich etwas bewegen lässt bzw. in dem sich selbst etwas bewegt.
Die Mitte ist nicht mehr Maß
Die Methoden der Ökonomik kommen zunehmend an ihre Grenzen. Entstanden im Industriezeitalter zählten sie auf die Mitte. Mit den empirisch-mathematischen Verfahren der empirischen Sozialforschung konnte man noch einigermaßen Produktion und Märkte übereinanderlegen und kriterial bestimmen. Der durchschnittliche Verbrauch war ein ebenso verlässlicher Wert wie die durchschnittlichen Kosten bei der Herstellung von Verbrauchsgütern und deren Schwankungen signifikanten Indikatoren für Wachstum, Rezession oder Stagnation.
Mit solchen Methoden lassen sich aber die zunehmend komplexen und anspruchsvollen Anforderung der Kunden an Produkte und Dienstleistungen nicht mehr fassen. Im deutschen Einzelhandel, der sich gerade am Beginn der Transformationsphase vom stationären Handel in eine Plattformökonomie befindet, kann man einfach beobachten, Disruption unter Wettbewerbsaspekten bedeutet.
Edeka und Rewe, Lidl und Aldi, die Platzhirsche im deutschen, stationären Supermarktgeschäft, stehen dem plattformgebundenen Lebensmittelhandel gegenüber. Mit tatkräftiger Unterstützung aus dem Wirtschaftsministerium – wie bei der Übernahme von Air Berlin durch die Deutsche Lufthansa – war es Edeka und Rewe gelungen, alle Wettbewerber bei der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann aus dem Feld zu schlagen. Kleinere und mittlere Unternehmen der Branche haben gegen diese politische Ökonomie der „old economy“ keine Chance und sehen sich notgedrungen, mit Amazon zu kooperieren. Und diese Kooperationsstrategie ist durchaus sinnvoll und geht auch weit über den traditionellen Begriff der Kooperation hinaus.
Statt in eigene, mittelmäßige und semioptimale Technolgie-Pilotprojekte zu investieren, sind sie durch Kooperation mit Amazone sofort in der Lage, mit der besten sich derzeit auf dem Markt befindenden Plattformanwendung und Logistik im Handel zusammenzuarbeiten. Der Herausforderung der Kunden wie z.B. rund um die Uhr und an jedem Ort Produkte bestellen zu können und zeitnah geliefert zu bekommen sind durch plattform- und an eine bundesweit lückenlos funktionierende Logistik und Lieferkette ungebundene Lebensmittelhändler nicht zu gewärhleisten; und nicht zu annehmbaren Preisen.
Wie die Plattform Produkte, so brauchen die Produkte bzw. Händler die Plattform. Dieses Win-Win-Verhältnis ist dabei durchaus brüchig für die Zukunft. Denn wenn die Plattform einmal eigene Produkte anbietet, gibt es keine Gewähr vor monopolistischen Bestrebungen der Plattformbetreiber. Bis dahin stellen Plattformbetreiber ihre immensen Investitionen Anbietern und Händler zu extrem niedrigen Lizenz- und Betriebskosten zur Verfügung.
Uns geht es in diesem Zusammenhang nicht um die etwaige Monopolisierung, diese ist defacto bereits begonnen, sondern um die Exploration neuer Formen des Wettbewerbs. Im Wettbewerb bedeutet Datamining zunächste einmal Disziplinierung zur Kundenorientierung. Die Anbieter wie die Kunden werden sich besser über die jeweiligen Bedürfnisse und Interessen wie über die Möglichkeiten, Bedürfnisse und Interessen zun realisieren bewusster.
Im marktwirtschaftlichen Wettbewerb wird seit jeher eine immer größer werdende Vielfalt geschaffen und mit der Angebotsvielfalt werden Auswahl und Differenzierungen größer. Der logisch letzte Schritt auf diesem Weg ist die in der Plattformökonomie mögliche Personalisierung des Angebots, was letztlich die sog. „On demand Produktion“ heißt . ODP ist somit keine Massenproduktion im Industriemaßstab, keine Skalenökonomie3. Die sog. Economies of Scale sind die Treibriemen von Unternehmenskonzentration, deren Grundlage die Massenproduktion im Industriezeitalter ist.
Massenproduktion kennt einen oder eine handvoll Anbieter, die die gesamte Wertschöpfungskette allein oder in enger Verzahnung mit abhängigen Lieferanten bedienen. Die Wertschöpfung ist um so effizienter und rentabler, als die einzelnen Teile der Kette optimal und das heißt hoch standardisiert zusammenarbeiten. Die sog. Supply Chain hat dabei sich an die jeweilige Produktionskapazitäten flexibel und schnell anzupassen. Wenn hierin auch nur ein Gleid der Kette nicht optimal funktioniert, hat das sofort negative Effekte auf alle anderen Glieder der Kette und folglich meist auch den Verlust von Skaleneffekten.
Und da, wo es nur einen oder eine handvoll Anbieter gibt, sinkt die Bereitschaft zur Innovation, dem Genteil zur Optimierung, gegen Null. Optimierungsprozesse führen nicht zum Kunden, sondern in die Bilanzen und Renditen der risikoscheuen Kapitalgeber. Während der Leistungswettbewerb alle Wettbewerber dazu zwingt, Leistungen zu erbringen, die von Kunden gewünscht werden und diese Disziplinierungsfunktion ihre Wirkung deutlicher und nachhaltiger ist als alle Appelle und Verordnungen, zielen Optimierungen auf Selbsterhalt mit quantitativer Dynamik.
Friedrich von Hayek hatte Wettberwerb wie wir ihn verstehen im Blick, als er dessen Entdeckungsfunktion hervorhob. Die Innovationsfunktion, die dem technischen Fortschritt unterliegt und somit auch Fortschrittsfunktion genannt wird, wird meist in Anlehnung an von Hayek bestimmt4. Dabei muss bedacht bleiben, dass Innovation sich sowohl auf Produktionsmöglichkeiten wie etwa Prozessinnovationen und Verfahrensfortschritte wie auch auf Prodkte beziehen kann, worauf wir aktuell uns beziehen.
Dabei
geht es vor allem um eine Bestimmung und Sichtweise auf die
Marktwirtschaft, die zwischen Optimierung und Innovation
unterscheidet. Und zwar nicht nur in Bezug auf
Produktionsmöglichkeiten und Produktinnovationen sondern
generell auf die Marktwirtschaft als ein Gesamtsystem:
„Die
besondere Leistungsfähigkeit einer Marktwirtschaft besteht nicht
darin, bekannte Bedürfnisse mit bekannten Einsatzmengen von
Ressourcen mittels bekannter Produktionstechniken optimal zu
befriedigen, sondern die Wirtschaft weiterzuentwickeln.“5
Diesem Gedanken folgte auch Joseph Schumpeters Bergriff der „schöpferischen Zerstörung“6, der sogar noch etwas weiter geht als von Hayeks Entdeckungsfunktion, der aber zugleich auch schon sinngemäß im Kommunistischen Manifest (1848)7 und in Das Kapital von Marx auftaucht. Dort bezeichnet es aber keineswegs nur die schlichte Tatsache, dass eine neue ökonomische Ordnung eine alte verdrängt, so wie der Kapitalismus sich z. B. gegenüber der feudalistischen Produktionsweise durchgesetzt hat.
Bei Engels und Marx steht der Gedanke einer von Menschen, dort der Arbeiterklasse, nur revolutionär herbei zu führenden, systemischen Veränderung, also der historische Schritt der Überwindung des Kapitalismus‘ im Zentrum und keine immanente, aus dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb selbst hervortretende Systemveränderung.
Von
Hayek und Schumpeter stellen einen Prozess vor, der aus sich selbst
heraus durch Innovationen eines sich weiterentwickelnden Wettbewerbs
innerhalb der Marktwirtschaft sich selbst als Weiterentwicklung der
Marktwirtschaft als System entfaltet und damit in Opposition steht zu
revolutionären Systemvorstellungen.
Wettbewerber und
Unternehmer werden zu Synomymen und konnotieren in der Bedeutung
Erneuerer. Innovation ist schöpferische Zerstörung,
bedeutet Zerstörung der alten Monopole und damit Entmachtung
alter, auf Konkurrenzkampf ruhender Familienunternehmen- und
dynastien, Trusts- und Syndikaten.
Der König ist tot
Der König ist tot. Das sei nach von Hayek und Schumpeter die wichtigste Funktion des Wettbewerbs. Bevor wir uns der Frage annehmen, ob der Satz in der bekannten Weise weitergeht, also: Der König ist tot. Es lebe der König, oder ob wir es tatsächlich mit Revolutionen von Innen heraus, aus der Marktwirtschaft selber zu tun haben, müssen wir selbstverständlich uns mit den vermeintlichen und eigentlichen Veränderungen dieses Vorgangs sui generis beschäftigen.
Dabei wollen wir nicht nur Veränderungen beschreiben, sondern zunehmend im Verlauf der Betrachtung auch bewerten. Bewerten aber nicht, indem wir ein soziales oder politisches Wertmaß quasi von außen an den Prozess anlegen, sondern auf das achten, was in diesem Prozess tatsächlich geschieht. Ohne an dieser Stelle eine Methodendiskussion vorweg zu schicken, wollen wir lediglich einzelne Pänomene der Veränderung heller beleuchten. Die Methodendiskussion ist an dieser Stelle nicht notwendig. Sie kommt aber beizeiten.
Was ist das Maß, wenn es keine Mitte mehr gibt? Bislang war es informell ausgemacht, dass die Mitte auch die gute Mitte ist. Dass also Mehrheiten die Geschicke bestimmen, wirtschaftlich, politisch und sozial. Die politische Macht ist eine demokratische Macht, also durch die Mehrheit des Volkes bestimmt. Alle Repräsentationen dieses Prinzips sind Ableitungen von Mehrheitsorientierung, von common sense8.
Marktwirtschaft bezeichnet das wirtschaftliche Handeln der Menschen im Sinne des
common sense und der Wettbewerb ist dessen Triebfeder. Der deutsche
Politiker, Jurist und Ökonom Franz Böhm, ein wichtiger
Vertreter der Sozialen Marktwirtschaft und des Ordoliberalismus,
nannte den Wettbewerb das großartigste Entmachtungsinstrument
der Geschichte:
„Bei
Wettbewerb hat man die Möglichkeit, sich der Macht eines
Arbeitgebers, eines Staates, eines Produzenten zu entziehen durch die
Abwanderung zu einem anderen Mitbewerber.“9
Wettbewerb
ist also schlecht für Könige, Väter und andere
Etablierte. Aber gut für Erneuerer, Non-Konformisten und
Talente. Wenn dem so sei, wozu dann noch Revolutionen?
Was also, wenn nicht die öffentlichen Straßen und Plätze Bühne der großen Revolution, sondern die Heimstätten der Unterdrückung und Ausbeutung selbst Schauplatz fortschreitender Evolution der Marktwirtschaft wären? Was, wenn der Klassenkampf nicht öffentlich in den Städten, sondern über den Wettbewerb ausgetragen würde? Und somit auch das „revolutionäre Bewusstsein“ aus den Innovationsprozessen mehr, als aus den Widersprüchen von Kapital und Arbeit herrührte?
Weder bricht der
Wettbewerb schnell und dann auch noch auf breiter Front aus sich
selbst hervor. Vielmehr braucht Wettbewerb Zeit und kommt schon gar
nicht von selbst. Den Wettbewerb gibt es nicht
als schlummerndes Wesen, als eine Art Entität im
Wartestand.
Adam
Smith, der moralphilosophische Vater des Kapitalismus, genauer
gesagt, der Begründer der klassischen Nationalökonomie, sah
den Wettbewerb als in der Natur des Menschen begründet. Eines
Menschen, der arbeiten und tauschen will, weil es für ihn
nützlich ist. In der Arbeit und im Tausch sah Smith die berühmte
„unsichtbare
Hand“ am Werke, eine lenkende Hand, die in einem freien Markt
das Verhalten von Anbieter und Nachfrager zwar einerseits nur von
ihrem eigenen Nutzen
und egoistischem Gewinnstreben motiviert sah, gleichzeitig aber,
indem sie sich marktgerecht verhalten, fördern sie –
unbewusst – zugleich ein Allgemeinwohl, den „Wohlstand
der Nation“10.
Smith
bestimmt also die Beziehung zwischen dem einzelnen Menschen, insofern
er Kapitalist, Arbeiter oder Verbraucher ist zum Gemeinwohl, hier das
ökonomische Gemeinwohl, als eine innere Teleologie (unsichtbare
Hand) der Marktwirtschaft. Die Summe also der Eigeninteressen der
Erzeuger wie der Verbraucher werden optimal ausgeglichen und es
entsteht eine wirtschaftliche Harmonie, die als Ziel dem Prozess von
Erzeugung und Tausch von Waren innewohnt.
Wir wissen, dass Marx
hier mit all seiner Vehemenz ansetzte und auf den Widerspruch
zwischen Kapital und Arbeit und die daraus resultierende, ganz und
gar unharmonische Beziehung zwischen Kapital und Arbeit im Sinne von
Ausbeutung und Unterdrückung verwies. Gleichwohl, nun haben wir
ein Stück Geschichte kapitalistischer Produktion hinter uns und
der Wohlstand der Nation(en) hat sich, wie disproportional zu
bewerten auch immer – enorm entwickelt. Und gleichwohl dieser
Wohlstand aufseiten der westlichen, entwickelten Industrienationen
ein Pendant in der Armut und Unterentwickeltheit der
Entwicklungsstaaten zu haben scheint, ist der Nachweis einer
Kausalbeziehung zwischen beiden auf ökonomischer Basis nicht
immer leicht.
Homan
wie Smith haben durchaus gesehen, dass, wenn immer die Gelegenheit
gegeben ist, „Geschäftsleute des gleichen Gewerbes“
sich bei praktisch jeder Gelegenheit gegen die Öffentlichkeit
„verschwören“, indem sie Absprachen über Preise
und ihre Produktion treffen. Von Gemeinwohl kann hier also so keine
Rede sein.
Smith
glaubt an ein „System der natürlichen Freiheit“, das
auf der Grundlage von Privateigentum und freiem, fairen Handel und
Tausch basiert und vom „Staat garantiert“ werden muss,
insofern Individuen und Gruppen teils in Konflikt mit einander
geraten. Diesem aristotelischen Denkansatz einer „politie“11
folgt also Adam Smith und eben hier findet Marx seinen Einlasspunkt
einer Überwindung der kapitalistischen Produktion durch die
Überwindung des Privateigentums, besonders an den
Produktionsmitteln.
Die Frage aber bleibt in Richtung Wettbewerb. Ist der marktwirtschaftliche Wettbewerb tatsächlich eine Überwindung der industriekapitalistischen Kokurrenz? Und, ist Wettbewerb kausal verbunden mit der Akkumulation von Kapital, oder, grundlegender gefragt, mit dem Privateigentum? Sind als Privateigentum und Wettbewerb nur in Beziehung zueinander zu sehen, oder hat das eine mit dem anderen nur akzidenziell etwas zu tun?
Homan
verweist auf Smith, indem er die unerlässlichen Rahmenordnungen
zitiert, die letztlich darüber entscheiden, ob Wettbewerb
stattfindet, oder sich in Konkurrenz verwandelt. Gleichzeitig aber
implizieren beide Denkansätze, dass jeder Mensch, so er
Unternehmer ist, ein Monopol anstrebt, also niemand wirklich den
Wettbwerb schätzt.
Zwei unvereinbare Denkansätze gegen
hier durcheinander. Ein anthropologischer und ein historischer. Und
dann ist die Argumentation wettbewerbsspezifisch inkonsistent. Denn
letztlich geht es bei beiden Autoren darum, den Wettbewerb zu
gewinnen, was, wie wir vorher sahen, einem Konkurrenzverhalten gemein
ist. Dort will der Sieger nicht aufhören zu siegen, verteidigt
seine Position im Markt mit allen Mitteln, will so viel mitnehmen wie
nur geht.
Das ist Konkurrenz in Reinkultur und beschreibt in diesem Doppel von Anthropologie und Geschichte einen Prozess, der so nie wirklich stattgefunden hat. Denn Konkurrenz entsteht nicht aus Wettbewerb. Der Wettbewerb ist kein Vorspiel zur Konkurrenz. Er folgt einer ganz anderen Logik und Wirklichkeit.
Es lebe der König
Es
ist nie derselbe König.
Noch lange nach dem Ende des Zweiten
Weltkriegs war und das nicht nur in Deutschland die Monopolisierung,
die Konzentration von Unternehmen und deren Lieferanten wie auch von
Unternehmen unterschiedlichster Branchen wie etwa in den japanisches
Corporations etwas völlig Normales. Marktbeherrschung war das
Ordnungsprinzip. Konkurrenz das Mittel der Wahl und Mittel zum
Zweck.
Bis Ende der Achtzigerjahre z. B. unterbanden hierzulande
und in den meisten europäischen Staaten staatliche
Telekommunikationsmonopole jede technologische Entwicklung
konsequent, stand die Post für ewig währende
Rückständigkeit, wurde die Schwerindustrie des Ruhgebiets
im Formalin des Kohlepfennings konserviert.
Eine zeitlang hielt
sich der Pott noch über Wasser durch den Export kompletter
Anlagen für die Eisen- und Stahlerzeugung in die Volksrepublik
China (VRC), die heute einen tieferen Einblick in die
Wettbewerbsmechanismen von Volkswirtschaften erlaubt, als manche
Ökonomen sich haben erträumen lassen.
Nicht dass die VRC den Prozess der Industrialisierung eins-zu-eins wiederholte, aber die sichtbaren Parallelen – wie auch die Versuche, es besser zu machen und die Fehler in Europa zu vermeiden – sind signifikant. Die Industrialisierung der VRC lief hauptsächlich über die Schwerindustrie. Heute will, ja muss die VRC sich wie damals das Ruhrgebiet von der Engführung von Energiebedarf und fossiler Energieträger lösen, zu groß die Kosten für die Beseitigung oder auch nur für die medizinische Eindämmung der Umweltverschmutzung. Trotzdem hat die Schwerindustrie über Jahrzehnte das rasante Wachstum angetrieben und dabei stand deren globale Wettbewerbsfähigkeit im Zentrum, gebildet aus immmer größeren Anlagen und Billiglöhnen (im Vergleich zu den westlichen Wettbewerbern).
Auf der Seite der Arbeit wurden Millionen von Tagelöhnern zu Vollbeschäftigten und das Privateinkommen stieg, so auch der Konsum. Heute ist in der VRC aber nicht mehr die Schwerindustrie, sondern die Dienstleistungsbranche der Wachstumstreiber, was zu einem ernst zu nehmendem Problem führt. Die VRC trennt sich in zwei Wachstumsregionen, einmal die immer reicher werdenden Küstenregionen mit ihren Dienstleistungsökonomien und das ärmeren, von Schwerindustrie geprägte Hinterland, das immer weiter an Wettbewerbsfähigkeit verliert.
Der – tendenzielle – Fall der Profitrate in den ärmeren Regionen ist gigantisch. Von den 22 Provinzen (ohne Taiwan), fünf autonomen Gebieten, vier regierungsunmittelbaren Städten und zwei Sonderverwaltungszonen, also von 33 Verwaltungskörperschaften erwirtschafteten fünfundzwanzig Jahr für Jahr gigantische Defitite, wobei in manchen die staatlichen Kohlefirmen in einem Jahr mehr Kredite aufnehmen als die Wirtschaftsleistung der gesamten Provinz.
Defizite türmen sich auf, gleichzeitig sinken die Steuereinnahmen und zudem fressen steigende Sozialausgaben immer größere Löche in die staatlichen Kassen. Die lediglich sechs Provinzen und eine Stadt, die noch Gewinne erwirtschaften, können die Transferleistungen zu einem ausgeglichenen Haushalt nicht erbringen – und bis hierher ist von der Korruption in der VRC noch gar nicht die Rede gewesen.
Anders als im Zeitalter der Industrialisierung in Europa, jedenfalls in den meisten Teilen, basiert das auf Schwerindustrie gebaute Wachstum der VRC nicht auf Kapitalinvestitionen für die ständige Verbesserung der Anlagen. Chinas Wachstum auf Pump gerät zur Zeit deshalb außer Kontrolle, weil es auch eingesetzt wird, um Staatsbetriebe in Megafusionen zu gigantischen Kolossen zu verschmelzen, ähnlich wie dies am Ende der Blütetzeit der Schwerindustrie im Ruhrgebiet – und vielen anderen Regionen in Europa, vor allem in UK, Frankreich, Italien und Belgien – geschah. Aber anders als etwa bei Thyssen und Krupp sind die Fusionen in der VRC im Energiesektor, der Zugherstellung und in der Stahlindustrie nicht der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geschuldet, nicht mit der Absicht der Steigerung von Produktivität und Effizienz der Anlagen durchgeführt worden.
In allen diesen Bereichen hat die Politik in Peking es geschafft, die meisten der Unternehmen zu Weltmarktführern zu formen, die aber trotzdem kurz vor dem Kollaps stehen. Die Löhne der Mitarbeiter werden in vielen Fällen nur teilweise, oft gar nicht ausgezahlt. Gleichzeitig wurden Privatfirmen vernachlässigt bzw. vom Markt zurückgedrängt und alle Subventionen in letztlich sieben Staatsbetriebe gesteckt, die die zukünftigen Champions abgeben sollten.
Bereits nach weniger als zwei Jahrzehnten zeigt sich in der VRC, dass in diesen Betrieben keine Effizienzsteigerung stattfindet, gigantische Subventionen auf den Märkten verpuffen, da diese keine höheren Erzeugerpreise akzeptieren und so Mitarbeiter die Zeche zahlen, bis das passiert, was längst schon feststeht, dass die Unternehmen ihren Bankrott, der lange schon dejure Einzug gehalten hat, auch defacto vollzogen haben.
Wie im Eiltempo sieht man einen Prozess in struktureller Parallelität sich wiederholen, der im Ruhrgebiet mehr als doppelt solange gedauert hat. Und der nicht nur in der VRC um ein Vielfaches schneller vonstatten ging, sondern auch um ein Vielfaches riskanter, betrachtet man das ganze aus einer globaleren Perspektive. Das Wachstum in der VRC hat Ende 2017 trotz oder wegen der gigantischen Verschuldung des Staates, hauptsächlich bei inländischen Investoren, global gesehen einen fatalen Höchstand erreicht. Selbst der US-dominierte IWF (Internationaler Währungsfond) hat seine Prognosen in 2017 ganze viermal nach oben korrigieren und feststellen müssen, dass die Volkswirtschaft der VRC etwa 30 Prozent zum Wachstum der gesamten Weltwirtschaft beiträgt. Das ist bedeutend.
Bedeutend ist es deshalb, weil die Ratingagenturen S&P und Moody’s die VRC geradezu konträr dazu gleich drei Stufen niedriger bewerten als die im Ausland hoch verschuldeten USA. Bedeutend daran wiederum ist zunächst einmal, dass die Ratingagenturen der VRC sehr viel weniger Innovationskraft und somit Wetbewerbsfähigkeit zutrauen als den USA. Nach den Kriterien der WTU (Welthandelsorganisation) ist die VRC keine Marktwirtschaft und bietet keine fairen Wettbewerbsbedingungen, was u.a. auch die Legitmität von Strafzöllen auf Dumping Importe und eine Reihe von Nachteilen auf den internationalen Finanzmärkten begründet. Ihre Wettbewerbsfähigkeit erkauft sich die VRC durch Schulden, die bedrohliche Ausmaße erreichen und laut Schätzungen der Standard Chartered Bank Ende Juni 2017 etwa 250 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung erreicht haben, was, nimmt man die Liste des IWF zur Grundlage, Platz 1 noch vor Japan ausmacht.12
Die so berechneten Gesamtschulden ergeben sich aus den Verbindlichkeiten von Regierung, Unternehmen und Haushalten im Vergleich zur Jahreswirtschaftsleistung. Zum Vergleich: In den wirtschaftlich wesentlich weiter entwickelten USA habe sich laut Financial Times (FT) die Quote Ende vergangenen Jahres auf 260 Prozent belaufen, in Deutschland auf knapp unter 200 Prozent. Besonders bedenklich sei der rasche Anstieg der Gesamtschulden in China. Ende 2008 hätten sie laut FT erst 147 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung betragen.
Das Wachstum der VRC ist demnach auch aus diesem Quellen betrachtet auf Pump aufgebaut. Um einen künstlichen Wettbewerbsvorteil auf den internationalen Märkten aufrecht zu erhalten reichten Chinas Banken allein im Juni 2017 1,08 Billionen Yuan (128 Milliarden Euro) an neuen Krediten aus, fast 20 Prozent mehr als erwartet. Auch der Staat erhöhte seine Ausgaben im Juni um 26,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 1,65 Billionen Yuan (195 Milliarden Euro). Das Wirtschaftswachstum sinkt dennoch, Anfang des Jahrzehnts war es noch zweistellig.
Die Frage steht nun im Raum, wie lange dieser an der Wettbewerbsfähigkeit einer Marktwirtschaft orientierte Kurs einer staatspolitischen Ökonomie gut gehen kann? Was heißt, ob die VRC nicht wie viele andere Staaten auch jene Phase durchleben muss, die nach einem derart steilen Schuldenwachstum in aller Regelmäßigkeit eine veritable Bankenkrise nach sich gezogen hat.
Wir sehen eine Parallele zur Volkswirtschaft in Japan, wo die Schuldenquote seit Jahrzehnten ebenso hoch ist, wie die derzeit in der VR, dass nämlich nicht nur die Höhe der Schuldenquote wichtig ist, sondern auch, wer die Gläubiger sind. In Japan sind das gleichsam japanische Gläubiger, also einheimischen Schulden. Das hat immer den Vorteil auf die Finanzmärkte und die Ratingagenturen, dass man als Schuldner höher, besser als z.B. Griechenland mit einer Quote von etwa 140 Prozent geratet wird. Dies verdankt sich dem Umstand, dass man in den Ratingagenturen wie auf den int. Finanzmärkten längst schon erkannt hat, dass Regierungen jederzeit den Durchgriff auf die innerstaatlichen Vermögensträger und -körperschaften haben und auch im Extremfall einer drohenden Staatspleite darauf durchgreifen würden, was also einer Enteignung, zumindest einer partiellen Enteignung gleich käme. Banken sind wie man häufig sah im letzten Jahrzehnt, vor allem in den USA, im Vereinigten Königreich und in Griechenland, schnell geschlossen und wenn auch nur für Tage oder Wochen. Kapitalverkehrskontrollen13 einzuführen dauert heute auch nur noch Tage oder Stunden.
Diese Möglichkeit der Enteignung der eigenen Bürger und institutionellen Anleihehalter bzw. Gläubiger reicht über fast jeden Verschuldungsgrad hinaus und illustriert die Wahrheit des Satzes: ein Staat kann nicht pleite gehen. Nur seine Menschen. In der VRC ist das noch extremer. Die chinesische Regierung hat einen gewaltigen Vorteil. Ihr gehören alle wichtigen Banken und viele der besonders hoch verschuldeten Unternehmen, d.h. Banken und viele der größten Unternehmen gehören in der VR nicht zum privatwirtschaftlichen Sektor. Das also limitiert zumindest das Risiko eines Finanz-Crashs, vornehmlich für ausländische Investoren, insofern niemand die Regierung davon abhalten könnte, auf die Vermögen der eigenen Mitbürger und Inlandsinvestoren auszugreifen.
Halten wir nun fest, dass, wie man in der VRC, aber auch bedingt an Japan sehen kann, trotz immer höherer Schulden das Wachstum, der Wohlstand tendenziell und die Wettbewerbsfähigkeit nominell weiter sinken, wenn zu den strukturellen Problemen einer staatspolitisch organisierten Semimarktwirtschaft immer mehr Kredite nicht für Innovationen, nicht einmal für sinnvolle Optimierungen, sondern lediglich für die Ablösung alter durch neue Kredite verwendet werden. Das wird als nicht mehr gegebene Schuldentragfähigkeit bezeichnet.
Anmerkungen:
1 Karl Homann, Christoph Lütge: Einführung in die Wirtschaftsethik. 2. Auflage. Lit, Münster 2005, S. 9.
2 ebenda
3 Skaleneffekte nennt man Kostenersparnisse, die bei gegebener Produktionsfunktion (Produktionstechnik) infolge konstanter Fixkosten auftreten, wenn die Ausbringungsmenge wächst, da bei wachsender Betriebsgröße die durchschnittlichen totalen Kosten (DTK) bis zur sog. mindestoptimalen technischen Betriebs- bzw. Unternehmensgröße (MOS) sinken (der Anteil der fixen Kosten je produzierter Einheit wird immer kleiner). Economies of Scale sind daher eine Ursache für Unternehmenskonzentration (Gabler).
4 Vgl. von Hayek, Competition, 1949, S. 86
5 Michael Tolksdorf: Dynamischer Wettbewerb - Einführung in die Grundlagen der Deutschen und Internationalen Wettbewerbspolitik, 1994, S. 22
6 Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. UTB, Stuttgart 2005, ISBN 3-8252-0172-4
7 Karl Marx und Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, 1848, London
8 Thomas Paine: Common Sense. Deutsch v. Lothar Meinzer. Reclams Universalbibliothek, Band 7818. Reclam, Stuttgart 1982 ISBN 3-15-007818-0
9 Vgl. Franz Böhm: Wettbewerb und Monopolkampf. Eine Untersuchung zur Frage des wirtschaftlichen Kampfrechts und zur Frage der rechtlichen Struktur der geltenden Wirtschaftsordnung. Berlin 1933.
10 Smith, Adam: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Vol. I/ Vol. II. Printed for W. Strahn; and T. Cadell, in the Strand, 1776; erschienen im IDION-Verlag, München 1976 - Voll-Faksimile-Ausgabe
11 Die Politie (griechisch πολιτεία politeía) ist laut Aristoteles die Bezeichnung für ein Gemeinwesen, das von den Vernünftigen bzw. Besonnenen seiner Mitglieder gelenkt und geleitet wird. In Aristoteles’ Politik gehört die Politie zu den guten Herrschaftsformen, sie ist die legitime Mehrheitsherrschaft.
12 Beim IWF belegt die VRc bei den Staatschuldenquoten Platz 100. Diese erhebliche Diskrepanz erklärt sich durch die sehr unterschiedliche Datenbasis, also durch die nicht an den westlichen Standards angepasste Staatspraxis bei der Bilanzierung des Staatshaushaltes. Auch heirin liegt einer der Gründe, warum die WTO China nicht in die Standards einer Marktwirtschaft bislang aufgenommen hat; wir kommen später auf diesen Sachverhalt zurück.
13 Kaptalverkehrskontrollen: administrative Behinderungen des internationalen Kapitalverkehrs. Diese können in Gestalt von Steuern auf Kapitalimporte bzw. Kapitalexporte vorliegen, oder in Form von Mengenrestriktionen, Genehmigungspflichten oder Meldepflichten für internationalen Kapitalverkehr (Gabler).
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